«Wir bedauern das ausserordentlich»

Edith Fritschi | 
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Noch kann man im Steiner «Chlosterhof» logieren, aber im November wird der Hotelbetrieb eingestellt. Geplant ist dort eine Seniorenresidenz. Bild: Selwyn Hoffmann

Mit dem Verkauf des Hotels Chlosterhof verliert Stein am Rhein einen Grossteil seiner Hotelplätze, bekommt dafür aber eine Seniorenresidenz. Und was meinen die Genossenschaft Alterswohnungen Stein und das stars symposium dazu?

Ganz überraschend kam die Mitteilung vor knapp zwei Wochen nicht, dass «Chlosterhof»-Eigentümer Aniello Fontana das erste Haus am Platz verkaufen werde (vgl. auch SN vom 4. August). Aber es hat Konsequenzen, denn mit dem Verlust der Hotelplätze müssen beispielsweise die Organisatoren von stars, dem Symposium in Stein am Rhein, neue Lösungen suchen, um die Teilnehmer aus aller Welt unterzubringen. «Wir bedauern das natürlich ausserordentlich, sagt dazu Toni Schönenberger, Präsident und CEO der Stiftung stars, der mitten in den Vorbereitungen für stars 2017 steckt, das vom 23. bis zum 26. September über die Bühne gehen wird. Doch man sei ja nicht ganz unvorbereitet gewesen. Seit gut zwei Jahren habe das immer mal wieder zur Debatte gestanden, und man habe deswegen auch das Gespräch mit Stadtpräsident Sönke Bandixen gesucht. Dieses Jahr kann stars noch im gewohnten Rahmen stattfinden, die Zimmer im «Chlosterhof» stehen zur Verfügung.

Stein als Standort ist ideal

Für nächstes Jahr allerdings müsse man sich Alternativen überlegen, sagt Schönenberger. «Wir versuchen, die rund 60 Zimmer, die uns dann fehlen werden, in der Umgebung zu finden und die Teilnehmer mit einem Shuttlebus zum Tagungsort zu fahren.» Schönenberger verweist darauf, dass man stets ein sehr konzentriertes Programm habe, das den ganzen Tag bis spät in den Abend hinein dauere. «Die Teilnehmer brauchen die Zimmer praktisch nur zum Übernachten, da werden wir sicher fündig», sagt er. Denkbar wären Ausweichmöglichkeiten in Schaffhausen, am Untersee – auch auf deutscher Seite in Marbach. «Je nachdem, wo wir möglichst viele Unterkünfte reservieren können.» Man habe derzeit etwa sechs Optionen im Blick. Möglich wäre auch eine Aufteilung auf zwei Hotels. «Prinzipiell will stars aber am Tagungsort Stein am Rhein festhalten. «Wir sind mit der Stadt auch durch unseren Namen verbunden», sagt der Stiftungsratspräsident.

«Wir versuchen, die 60 Zimmer, die uns 2017 fehlen, in der Umgebung zu finden und einen Shuttle zu organisieren.»

Toni Schönenberger, Stiftungsratspräsident von stars

Zudem wird stars mit einem nicht unwesentlichen Beitrag von der Jakob-und-Emma-Windler-Stiftung unterstützt – zumindest bis 2018, dann sieht man weiter. Auch da sei man in stets in Kontakt; zudem finde Anfang September eine Stiftungsratssitzung statt, wo die Zukunft von stars in Stein am Rhein sicher ein Thema sein werde. Der Austausch funktioniere gut, da Stadtpräsident Sönke Bandixen auch Mitglied des Stiftungsrats der Winder-Stiftung und von stars sei. Nach wie vor hält Schönenberger Stein als Austragungsort des Symposiums mit internationalen Teilnehmern für ideal. Alles sei auf kleinem Raum, die Gegend sei attraktiv, und Ersatz für die Gruppen-Tagungsräume im «Chlosterhof» könne man sicher finden, meint er optimistisch. Denn das Zentrum der Gespräche und Referate ist der Windler-Saal – und der bleibt ja. Möglicherweise könne man leere Räume im Rathaus nutzen für die Gruppenarbeit, meint Schönenberger. Auch hier sei man im Gespräch. «Es ist eine Herausforderung», räumt Schönenberger ein, der im Übrigen darauf verweist, dass Think Tank Thurgau ebenfalls in Stein Kongresse durchführe und weiter daran interessiert sei. Und er hofft, dass man mit der Windler-Stiftung die Zukunft von stars in Stein am Rhein sichern kann.

«Chlosterhof» wäre zu teuer

Dass aus dem «Chlosterhof» nun eine Seniorenresidenz mit Serviceangebot werden wird, hat man auch bei der Genossenschaft für Alterswohnungen Stein am Rhein registriert. «Für uns kam das nicht aus heiterem Himmel», ist von Präsident Hans Schlatter zu vernehmen. «Aniello Fontana hat mit uns schon vor zwei Jahren Kontakt aufgenommen, und wir haben in der Zwischenzeit verschiedene Gespräche geführt.» Man sei aber zum Schluss gekommen, dass die beiden Konzepte nicht zusammenpassten, sagt Schlatter. Dies nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. «Für die Leute, vor allem die Steiner, die die gemeinnützige Genossenschaft mit dem Alterswohnprojekt Fridau ansprechen will, wären die Wohnungen im ‹Chlosterhof› viel zu teuer.» Schlatter betont, dass man sich eingehend mit der Thematik befasst habe und mit einem Architekten vor Ort gewesen sei, um zu schauen, inwieweit der Umbau auch für die Genossenschaft infrage käme. «Wir haben alles ganz genau begutachtet, unter die Lupe genommen und durchgerechnet», sagt Schlatter. «Aber es hat sich gezeigt, dass die notwendigen Anpassungen die Möglichkeiten der Genossenschaft überstiegen hätten.» Und die Mietpreise fürs Servicewohnen, wie im «Chlosterhof» vorgesehen, seien für die Klientel, die man anspreche, nicht bezahlbar. Schlatter ist überzeugt, dass das von der Genossenschaft verfolgte Konzept des begleiteten Wohnens mit einem Minimum an Dienstleistungen für die älteren Einwohner von Stein am Rhein und der näheren Umgebung nach wie vor dringend nötig ist, derweil in der künftigen Residenz «Chlosterhof» der Service eben teuer mitgekauft wird, ob man ihn nun will oder nicht.

«Für die Leute, die wir ansprechen mit unserem Projekt, wären die Wohnungen im ‹Chlosterhof› viel zu teuer.»

Hans Schlatter, Genossenschaft Alterswohnungen

«Unsere Pläne sind, dass man effektiv eine Wohnung mietet und einen relativ bescheidenen Aufschlag dafür bezahlt, dass täglich eine Person vor Ort sein wird, die Wünsche entgegennimmt und kleine Leistungen wie alltägliche Reparaturen oder Sonstiges erbringt.» Das mache dann maximal 100 bis 200 Franken pro Monat aus. So plane man etwa, eine Drei-Zimmer-Wohnung für rund 1700 Franken anzubieten. «Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu geniessen», mahnt Schlatter. «Das Projekt noch nicht zu Ende geplant.»

Man habe sich zudem nach der positiven Abstimmung zum Baurechtsvertrag Fridau noch einmal intensiv mit dem vorgesehenen Standort auseinandergesetzt: «Da die Genossenschaft bezüglich Baugrund sowie möglicher Wasserprobleme verschiedentlich gewarnt worden ist, werden in den kommenden Wochen entsprechende Abklärungen durch ein Büro für Geologie und Hydrologie durchgeführt», sagt Schlatter. «Bevor wir nicht alle Fragen geklärt und die Risiken ausgeschlossen haben, werden wir nicht weiter projektieren. «Erst wenn eindeutig klar ist, dass der Boden in Ordnung ist, machen wir weiter.»

Schlatter räumt ein, das der «Chlosterhof» eine tolle Möglichkeit gewesen wäre, Alterswohnungen zu planen. «Die Genossenschaft wäre auch gern eingestiegen», sagt er. «Aber wir können den Leuten nicht günstige Wohnungen versprechen, und dann sind sie viel teurer.» Das komfortable Serviceangebot. entspreche nicht dem Konzept der Genossenschaft. So werde eine gutbetuchte Schicht angesprochen – und weniger die Steiner, meint er. Aber er hätte sich gefreut, wenn man an einem solch schönen Ort Wohnungen hätte anbieten können. «Schliesslich hat dort jeder Balkon Rheinblick.»

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