Wie das Jugendparlament die Jungen an die Urne lockt

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Auf kulinarische Anreize statt auf Zwang wird bei der Aktion «Beer and Vote» auf dem Fronwagplatz gesetzt. Bild: Selwyn Hoffmann

Wer sein Stimmcouvert einwirft, wird mit Glühwein belohnt. So funktioniert die Aktion «Beer and Vote» des Jugendparlaments Schaffhausen.

von Luca Miozzari

Von vier Uhr nachmittags bis 22 Uhr abends standen Michael Kahler und andere Mitglieder des Schaffhauser ­Jugendparlaments am vergangenen Samstag auf dem Fronwagplatz. Eingepackt in Handschuhe, Mützen und Thermounterwäsche verkauften die Jugendparlamentarier an einem Stand Glühwein und Raclette. «Beer and Vote» nennt sich der Anlass, der am Freitag bereits zum dritten Mal stattfand.

Das Ziel? Die Jungen zum Abstimmen zu bewegen. Wer nämlich sein Stimmcouvert für die kantonale Abstimmung von kommendem Sonntag in den Briefkasten gegenüber dem Glühweinstand einwarf, bekam einen Gratis-Glühwein offeriert.

Glühwein statt Zwang

«Ich denke, dass Zwang allein nicht das richtige Mittel ist, Menschen zum Abstimmen zu bringen», sagt der Vereinspräsident des Jugendparlaments, Michael Kahler. Sie würden versuchen, mehr mit An­reizen zu arbeiten, führt er aus: Wer abstimmt, wird belohnt. Ausserdem könnten die jungen Stimmberechtigten so Ausgang und Abstimmen gleich miteinander vereinen. Der Fronwagplatz liege sowieso für die meisten am Weg, wenn sie in den Ausgang gingen. «Wir bieten ihnen die Möglichkeit, etwas vorzuglühen und gleichzeitig ihre Pflicht als Bürger zu erledigen», so Kahler.

«Ich denke, dass Zwang allein nicht das richtige Mittel ist, Menschen zum Abstimmen zu bringen.»

Michael Kahler, Präsident Jugendparlament

Finanziert werden die «Beer and Vote»-Events des Vereins Jugendpar­lament hauptsächlich durch Sponsoring. Zum einen sind dies Beiträge der rund 20 Fördermitglieder des Jugendparlaments, zum anderen aber auch Sachspenden, zum Beispiel der benötigte Strom, den die Stadt ­offeriert, oder eine Brotspende von einem grossen Detailhändler.

Ausserdem wirft der Raclette- und Glühweinverkauf einen Ertrag ab – wer sein Stimmcouvert zu Hause vergessen hat, muss ja schliesslich bezahlen für seinen Glühwein. «Bei uns bekommt man den Glühwein aber über zwei Franken günstiger als am Stand nebenan», sagt Kahler scherzhaft. Ganz kostendeckend sei das Ganze natürlich nicht, räumt der Vereinspräsident ein. Insgesamt rechne er mit einem moderaten Verlust von rund 150 Franken.

Die Idee expandiert

Im Vordergrund steht für das Jugendparlament beim «Beer and Vote» indes nicht das Finanzielle, sondern es geht darum, möglichst viele 18- bis 26-Jährige mit ihren Stimmcouverts auf den Fronwagplatz zu locken. Beim ersten «Beer and Vote» überhaupt, im Frühling dieses Jahres, waren es etwa deren 15. Beim zweiten Mal waren es bereits über 30.

Für den Samstag hat das Jugendparlament erneut mit einer Verdoppelung der Abstimmenden gerechnet. «Wir haben Glühwein für 60 bis 80 Personen», so Kahler. Die grössere Besucherzahl sei vor allem auf das von Mal zu Mal professionellere Konzept zurückzuführen: Das erste «Beer and Vote» bestand darin, sich an einem Wahlsonntag mit zwei Kisten Bier vor ein Wahllokal zu stellen – jetzt ist aus Bier Glühwein geworden, und dazu gibt’s Raclette.

Das Konzept «Beer and Vote» findet sogar überregionalen Anklang. Am Samstag bekam das Jugendparlament Schaffhausen Besuch von seinen Aargauer Kollegen. Das Aargauer Jugendparlament hat von dem Projekt gehört und will nun selbst ein «Beer and Vote» durchführen. Eine Bieridee expandiert.

Kein Motionsrecht

Was dem Anlass fehlt, ist eine richtige Wahlurne – die Abstimmung läuft über den öffentlichen Briefkasten auf dem Fronwagplatz. Um eine Urne zu bekommen, müsse man zahlreiche Auflagen erfüllen, wie zum Beispiel die Anwesenheit eines Wahlhelfers und die Publikation in einem Amtsblatt, so Kahler. Für einen privaten Verein wie das Jugendparlament sei dies einfach zu aufwendig und zu teuer. «Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, eines Tages in Schaffhausen ein öffentlich-rechtliches Organ zu werden», sagt der Jung-SVPler. Momentan erhalte der Verein zwar in der Schaffhauser Politik viel Unterstützung und sei auch sehr angesehen, ein Motionsrecht sei aber vom Parlament beispielsweise schon mehrmals abgelehnt worden. «Es dauert noch einen Moment, aber das kommt schon noch», meint Kahler zuversichtlich.

 

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