Selbst über Mottenkugeln wurde gerappt

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Leduc (l.) und Lo versprühten vor vollem Haus in der Kammgarn am Samstagabend gute Laune und Energie. Bild: Selwyn Hoffmann

Zum ersten Mal standen die Berner Lo & Leduc auf der Bühne der Kammgarn und begeisterten mit ihren berndeutschen Hits.

von Ronja Bollinger

Die Bühne war eingerichtet, die Instrumente bereit. Das Publikum war noch nicht ganz so weit. An der Bar der ausverkauften Kammgarn wurden Getränke geholt, die besten Plätze wurden gesucht und vergangene Konzerte diskutiert. Wer wurde an diesem Samstag so freudig erwartet? Die Schweizer Band Lo & Leduc.

Bekanntheit erlangt hat sie vor drei Jahren mit ihrem Album «Zucker fürs Volk», auf welchem unter anderem auch ihr Charthit «Jung verdammt» war. Diesen März hat sie ihr neues Album «Ingwer und Ewig» herausgebracht und ist seit dem Frühling in der ganzen Schweiz sowohl auf grossen Festivals als auch auf kleinen Bühnen unterwegs.

Mit einer Viertelstunde Verspätung betraten unter lautem Applaus Lo & Leduc mit ihrer achtköpfigen Band Pacomé die Bühne. Sogleich starteten die jungen Berner mit dem alten, aber nicht unbekannten Song «Räuber u Poli». Schon schnellten die Hände des Publikums in die Höhe, und es wurde eifrig im Takt gewippt. Mit jedem weiteren Song wurden die Zuschauer ausgelassener. Die gute Laune und die Energie, welche die beiden Berner an den Tag legten, steckten an.

Die Rap-Texte auf Berndeutsch wurden untermalt von Trompeten, Posaunen, Gitarren, Bass, Keyboard und Backgroundgesang. Die gespielten Melodien waren tanzbar, die Texte gefüllt mit intelligenten Wortspielen und Geschichten. Die beiden Musiker möchten nämlich tanzbare Hits schreiben, die aber trotzdem tiefgründige Inhalte aufgreifen, sagten die beiden im Interview (siehe nebenan). «Es ist schade, wenn ein Hit nur ein Hit ist, aber inhaltlich schrecklich ist. Genauso bringt es nichts, wenn man sich extrem viel überlegt, aber die Musik ist nicht gut, und eigentlich hätte man besser ein Buch geschrieben», erklärte Luc.

 

 

Freestyle-Rap-Einlagen

Mit «Blaui Peperoni» ging es weiter, und nicht nur die Hüften, sondern auch die Stimmbänder des Publikums wurden in Schwingung versetzt. Laut sangen die Besucher den Refrain mit, und der Liedtext «irgendöbis hani richtig gmacht» ertönte aus jeder Ecke. Einen Song nach dem anderen spielten die Energiebündel. Dabei war Luc eher für den Gesang zuständig, während Lo der Experte bei den Rap-Parts war. Die beiden ergänzten sich so perfekt. Nach fast einer Stunde stellte Lo seine spontanen Rap-Fähigkeiten unter Beweis. «Gebt Lo einige Worte, und er wird darüber rappen», forderte Luc das Publikum auf. Gewünscht wurden: «Mottechugle», «Racletteöfeli», «Strosserand» und «Gurke». Kaum waren die Ausdrücke gewünscht, begann Lo über sein löchriges Gehirn zu rappen, welches wohl einige «Mottechugle» vertragen könnte. Auch die restlichen Stichwörter baute er gekonnt in seinen Freestyle-Text ein. Das Publikum war von dieser Darbietung begeistert. Damit hatte der Abend aber noch immer nicht seinen Höhepunkt erreicht. Der kam nämlich, als die Musiker ihren grossen Hit «Jung verdammt» anstimmten. Beinahe wurde ihr Gesang überflüssig, weil das Publikum wie ein grosser Chor in den Gesang einstimmte. Als die Berner dann nach zwei Stunden die Bühne verlassen wollten, wurden sie schnell vom Publikum zurückgerufen. Nach drei Zugaben, inklusive ihrem Hit «Mis Huus dis Huus», verabschiedeten sich die Musiker erschöpft, aber glücklich.

«Ideen kommen an den merkwürdigsten Orten»

Bevor es am Samstagabend auf die Bühne ging, nahmen sich Lo & Leduc, mit bürgerlichem Namen Lorenz Häberli und Luc Oggier, etwas Zeit, über sich und ihre Musik zu sprechen.

 

Ihr habt bereits auf der grossen «Stars in Town»-Bühne gestanden, nun spielt ihr in der kleinen Kammgarn. Welche Grösse von Bühnen bevorzugt ihr?

Lorenz «Lo» Häberli: Beides hat seinen Reiz, aber kleine Bühnen machen nervöser. Man erkennt einzelne Gesichter, und das Publikum verschwimmt nicht zu einer Masse. Dennoch: Würde man nur in kleinen Clubs spielen, würden wir die grossen Festivalbühnen vermissen und umgekehrt.

Luc «Leduc» Oggier: Auf grossen Bühnen müssen Bewegungen grösser sein, auf kleinen sieht das Publikum dafür das Gesicht. Man benimmt und bewegt sich automatisch anders.

Ihr habt im März euer neues Album «Ingwer und Ewig» erfolgreich veröffentlicht. Wie entsteht eure Musik?

Lo: Teilweise haben sich Muster eingependelt, aber manchmal kommen einem Ideen in den merkwürdigsten Momenten.

Luc: Trotzdem ist aber jedes Lied auf einem eigenen Weg entstanden: Manche waren schnell geschrieben, andere haben sich langsam entwickelt.

Ihr habt beide Geschichte und Germanistik studiert. Beeinflusst das eure Texte?

Lo: Das ist eine Huhn-und-Ei-Frage, die man nicht ganz beantworten kann. Wir hatten beide schon immer eine Affinität für Sprache und Geschichte.

Luc: Vielleicht wäre eine Schreinerlehre fast befruchtender für unsere Texte gewesen als ein Studium.

Lo: So hätten wir jetzt zumindest schönere Möbel zu Hause.

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