Quartierverein von Erotikstudio Fly überrumpelt

Tito Valchera | 
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Nichts deutet auf das Erotikstudio im Innern des Gebäudes hin. Bild: Selwyn Hoffmann

Das Erotikstudio Fly ist neu im Herblinger Dorfkern. Dort, wo das Bauprojekt eines Wohnheims für Demenzkranke scheiterte.

Diesen Sommer hatte Bauunternehmer Pius Zehnder das Projekt eines Wohnheims für Demenzkranke vorgestellt. Mitten im Herblinger Dorfkern sollte mit Investitionen von 5 Millionen Franken das Bauernhaus im Höfli 3 ausgebaut und modernisiert werden. Das Projekt zog Zehnder jedoch nach vier Einsprachen von Anwohnern zurück und erklärte es Anfang September als gescheitert (siehe SN vom 9. September). Nun ist in der Liegenschaft ein neuer Mieter eingezogen. Wie Zehnder bestätigte, hat er mit dem Erotikstudio Fly einen Mietvertrag abgeschlossen. Das Etablissement, das vorher an der Mühlentalstrasse stationiert war, verweist auf seiner Homepage bereits auf den neuen Standort. «Der unbefristete Vertrag mit der Studiobetreiberin hat eine dreimonatige Kündigungsfrist», sagte Zehnder auf Anfrage. Und fügte an: «Was da drin passiert, ist mir ziemlich egal.» Zehnder ist weiterhin enttäuscht und frustriert: «Ich hatte für das Demenzwohnhaus eine fertige Baueingabe eingeschickt und habe als Antwort zwei von Anwälten verfasste Einsprachen erhalten.» Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb man gegen Demenzkranke sei, wie dies in den Baueinsprachen der Fall gewesen sei. Zehnder habe nach dem Projektende erfahren, dass das Studio Fly eine neue Bleibe suche, und so sei man schnell einig geworden. «Jetzt wünsche ich mir, dass Ruhe einkehrt», sagte er.

Wenig Information

Der Quartierverein Herblingen hat die letzten Entwicklungen überrascht zur Kenntnis genommen. «Nun haben wir mitten im Wohnquartier ein Erotikstudio», sagte Vorstandsmitglied Christian Stamm gegenüber den SN. Der Standort sei sehr unglücklich, da gleich daneben das Pfadi-Vereinshaus stehe. Der Quartierverein sei wie die Quartierbevölkerung überrumpelt worden, teilt der Verein mit. «Wir werden rechtlich abklären, ob das Erotikstudio dort auch erlaubt ist», sagte Stamm. Dabei wird der Quartierverein einen Bundesgerichtsentscheid aus Basel ins Feld führen: Dort war der Umzug eines Sexbetriebes in ein Wohnquartier bewilligungspflichtig.

Anzeige oder Beschwerde

Schon bei der Baueingabe habe der Informationsfluss zwischen Zehnder und den Anwohnern schlecht funktioniert, sagte Stamm. Der Quartierverein hätte es geschätzt, wenn man vorher an einem Treffen die Quartierbewohner und den Verein über das Demenz-Wohnhaus-Projekt informiert hätte. In Herblingen habe niemand etwas ge-gen Demenzkranke, glaubt Stamm. Um dies ganz ausschliessen zu können, wird der Quartierverein Einsicht in die Baurekurse nehmen. So scheint es, dass es darin um den Abstand zwischen den Gebäuden und um das Bauvolumen gegangen sei. Nur ein Punkt habe die Demenzkranken betroffen, nämlich die Sorge, dass diese sich auf der Schlossstrasse verirren könnten, so Stamm.

Die städtischen Behörden haben nach dem Einzug des Erotikstudios in die Liegenschaft am Höfli 3 abgeklärt, ob sie aktiv werden müssen. Albin Sigrist, Leiter der städtischen Bau- und Feuerpolizei, sagte: «Für das Etablissement ist kein explizites Gesuch nötig, deshalb sehen wir bislang keinen Grund, dieses zu verbieten.» So seien die Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen bereits von der bisherigen Tätigkeit her in Ordnung. Auch im Haus selber habe keine rechtlich relevante Nutzungsänderung stattgefunden. «Es war bereits vorher als Bauernhaus mit Nebennutzung bewilligt», sagte Sigrist.

Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Man könne bei seinem Amt Anzeige oder Beschwerde einlegen, wenn sich an der Liegenschaft grundlegende Änderungen ergeben sollten, so Sigrist: «Dann nämlich, wenn es plötzlich viel mehr Lärm oder massiv mehr Verkehrsaufkommen als vorher geben würde.»

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