Kensington spielen sich in einen regelrechten Rausch

Janosch Tröhler | 
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Eloi Youssef und seine Band konnten sich steigern. Bild: Selwyn Hoffmann

Desaster abgewendet: Die Band Kensington kämpfte erst mit dem Ton, riss dann aber das Ruder herum.

Schwer stampfend donnern die ersten Takte über den Herrenacker. Es dürfte die bisher grösste Bühne für die Band Kensington sein – zumindest in der Schweiz. Denn in ihrer niederländischen Heimat spielen sie auch schon mal vor 50 000 Fans. Nach dem polternden Einstieg legen die Musiker mit dem hymnischen «Do I Ever» sofort einen höheren Gang ein. Doch von der erwarteten Grossartigkeit bleibt wenig übrig: Die Lautstärke verschlingt alle Feinheiten des Songs, und auch Sänger Eloi Youssef verfehlt mehr als einmal die Töne. Steht etwa ein Desaster bevor?

Mit «Riddles» folgt dann ein weiterer Hit. Und damit auch die Chance, das Ruder richtig herumzureissen. Hier scheint dem Quartett die Wende zu ­gelingen, doch nur bis die Gitarren das ganze Arrangement bis zur Unkenntlichkeit zerfleischen. Dem geneigten Konzertbesucher schwant schon: Der Mix ist mies. «Ihr könnt die Stimme nicht hören?», fragt Youssef die vorderen Reihen, wo der Sound in der Tat schlecht ist. «Sie können die verdammte Stimme nicht hören! Kann das jemand flicken?!», ruft der Sänger dann mit stinkigem Unterton. Dann geht es schnell, und seine Kratzbürstenröhre klingt auch zuvorderst glasklar. Nur hin und wieder muss er vor den imposanten Gitarrenwänden kapitulieren.

Eine einzige Steigerung

Doch die Brillanz von Kensington offenbart sich erstaunlicherweise nicht bei den rasanten Rock-Epen, sondern bei der fast schon spartanisch angerichteten Ballade «Sorry». Auf dem Herrenacker läuft es den Besuchern kollektiv kalt den Rücken herunter. Youssefs Stimme dringt durch Mark und Bein, leidend und voller Sehnsucht.

Dann, als die ersten Tropfen vom Himmel fallen und die kühle Nacht hereinbricht, werden Kensington erst richtig warm. Die Band spielt sich in einen veritablen Rausch, zum Schluss eskaliert ein Song in einem infernalischen Instrumental. Am Ende waren Kensington das, was ihre Musik ausmacht: überlebensgross. Vor dieser Steigerung von Fast-Katastrophe hin zum Rock-Feuerwerk muss man den Hut zücken.

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