Volle Fahrt voraus in die technische Zukunft

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Während der 12. IVS-Schifffahrt suchten drei Referenten Antworten auf die Frage, ob das heutige Bildungssystem mit den Ansprüchen der Digitalisierung mithalten kann.

von Alexa Scherrer und Jeannette Vogel

Big-Data-Strategien und Cloud-Computing-Dienste – es sind solche Begriffe, die das heutige Arbeitsumfeld prägen. Und es sind auch solche Begriffe, die vor zwölf Jahren, als die erste IVS-Schifffahrt stattgefunden hat, noch eine wesentlich kleinere bis keine Rolle spielten. Die Digitalisierung aber gewinnt stark an Bedeutung – und das mit rasanter Geschwindigkeit. Diese Entwicklungen bringen für die Wirtschaft zum einen grosse Chancen, zum andern aber auch vor allem grosse Veränderungen. Deshalb segelte das IVS-Schiff gestern Abend unter der Flagge der Zukunft und beschäftigte sich mit der Frage, ob das Schweizer Bildungssystem die richtigen Voraussetzungen für die technischen Berufe der Zukunft bietet. «Die Ausbildungsqualität in der Schweiz ist sehr hoch und bietet auch dank des dualen Berufbildungssystems beste Voraussetzungen», sagte Andreas Voll, COO bei der IWC, in seiner Eröffnungsrede. Wolle das Land aber seine Spitzenposition halten, müsse auch dieses Erfolgsmodell regelmässig hinterfragt und weiterentwickelt werden. Das betonte auch Peter Ziswiler, Head Corporate Human Resources bei der Georg Fischer AG in seinem «Werbevortrag für die Berufslehre». Denn das duale Bildungssystem sei kein Selbstläufer.

«Schule ist von gestern»

Einer, der sich ebenfalls mit Bildungsfragen auskennen muss, ist der Schaffhauser Regierungsrat und Vorsteher des Erziehungsdepartements, Christian Amsler. Sein Referat begann er mit einer selbstkritischen Einschätzung: Auf die Frage, welche Schule es für die technisierte Welt von morgen brauche, konnte er nur antworten: «Die Schule kann gar nicht für morgen vorbereiten – weil sie von gestern ist.»

Sogleich holte er aber zur Verteidigung aus und erläuterte, dass die Begeisterung für die sogenannten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, deutlich gestiegen sei. In den Jahren zwischen 2010 und 2015 sei der Anteil derer, die ein Studium in diesem Bereich in Angriff nahmen, um 14 Prozent gestiegen, während es bei den restlichen Studienrichtungen lediglich 5 Prozent waren. Dennoch sei die Schule immer auch eine etwas künstliche Situation mit einem «argen Kästchendenken», in dem die verschiedenen Disziplinen portionengerecht in einen Stundenplan gelegt würden und 20 gleichaltrige Schüler zur gleichen Zeit und auf die gleiche Art den gleichen Stoff lernten. Es habe aber auch Veränderungen und Fortschritte gegeben, der Frontalunterricht werde immer mehr ergänzt durch interdisziplinäre, problemorientierte und kompetenzbasierte Elemente.

«Scheitern sollte gelobt werden»

In das gleiche Horn stiess Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich. Lehrer, Dozenten und Professoren sollten nicht in erster Linie Wissen vermitteln – denn das veraltet –, sondern die Fähigkeit zu denken lehren. Schülern und Studierenden solle mehr Raum geboten werden, um Dinge selber auszuprobieren, Fehler selber zu begehen, Lösungen selber zu finden und Tiefschläge selber zu überwinden. «Das Scheitern sollte in unserer Gesellschaft mehr gelobt werden. Oder zumindest weniger stigmatisiert», so Guzzella. Bei der abschliessenden Diskussionsrunde waren dann vor allem der Fachkräftemangel und die Drittstaaten-Kontigentierung Thema. Während Ziswiler und Guzzella eher auf einen Inländervorrang light setzten, machte sich Amsler für die Öffnung der Grenzen stark. «An der Pädagogischen Hochschule können wir derzeit zwei deutsche Studierende aufnehmen – beim nächsten Mal werde ich 20 beantragen – oder gleich eine Freigabe.»

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