«Die erste Kleidungsschicht muss stimmen»

Edith Fritschi | 
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Kleidungsmässig gewappnet gegen die Kälte sind Heidi und Josef Würms und die Angestellte Marianne Bührer.Bilder Edith Fritschi

Tiefe Temperaturen im Winter sind für die Marktleute kein Zuckerschlecken. Aber sie wissen sich zu helfen, wenn die Kälte da ist.

Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche Kleidung, heisst es. Und wenn der Spruch für jemanden ganz besonders gilt, dann für die Leute auf dem Markt, die bei Kälte und Hitze ihre Waren verkaufen. «Die erste Schicht muss stimmen», sagt Josef Würms aus Ramsen, der mit seiner Frau Heidi und der Angestellten Marianne Bührer auch jetzt noch kurz vor Weihnachten, dienstags und samstags, mit Obst und Konfitüre auf dem Wochenmarkt Schaffhausen steht. Alle sind in grüne Daunenjacken gekleidet; man erkennt sie schon von Weitem. «Damit wir nicht frieren, muss alles stimmen, dann geht’s», sagt Würms. Und er verrät, wie er und sein Team der Kälte trotzen: «Wir tragen Multifunktionsunterwäsche, speziell gemacht für Sportler oder Outdoorspezialisten. Die hält warm und trocken.» Denn die Multifunktionsunterwäsche transportiere keine Feuchtigkeit nach aussen. «Sonst wird es kühl», sagt Würms lachend. Drüber komme jeweils als zweite Schicht ein dicker Pulli und schliesslich die grüne Daunenjacke. Wichtig sei, dass sie den Wind nicht durchlasse, sagt der Obstbauer. Denn Kälte gehe noch, sobald es aber feucht sei und der Wind blase, werde es ungemütlich.

Nicht zu lange im Café bleiben

«Früher», so erinnern sich Heidi und Josef Würms, «haben wir trotz sechs Schichten übereinander gefroren. Jetzt, mit der neuen Wäsche, ­haben wir viel weniger am Leib und ­haben dennoch warm.» Das Ganze habe aber auch einen Haken. «Länger als eine halbe Stunde können wir nicht Kaffeepause machen, sonst wird es viel zu warm», meint Josef Würms. Er selbst trägt nicht einmal Handschuhe. «Das brauche ich nicht.» Wenn man sonst warm habe, würden die Hände nicht kalt. Die Damen am Stand hingegen tragen Handschuhe, bei denen die Finger frei beweglich sind. Offenbar sind sie etwas kälteempfindlicher. Es müsste schon mit dem Teufel be-ziehungsweise mit extremen Minusgraden zu- und hergehen, wenn Familie Würms den Markt sausen lassen würde. «Bei minus 15 Grad passen wir. Oder wenn es total pflotschig und eisig ist und die Leute ausrutschen.» Ansonsten gebe es kaum Hinderungsgründe. «Der Kontakt zu den Kunden macht enorm Spass», sagt Würms. ­Zumal er sehr viel Stammkunden hat.

Vis-à-vis, bei Gemüsebau Vollenweider aus Schlatt, sieht man zurzeit einen kleinen Ofen strahlen. «Da können wir uns immer mal wieder die Hände wärmen», sagt Hannelore Kühni.

Trotz warmer Kleidung: Hannelore Kühni muss ihre Hände –  sie trägt zwei Paar Handschuhe – ab und zu am Ofen wärmen.

Das tun auch Vroni Möckli und Daniela Hakios, die alle sicher schon seit zehn Jahren zu Vollenweiders Team gehören. Die Frauen tragen gleich zwei Paar Handschuhe – über denjenigen aus Wolle noch welche aus Plastik. Denn das Gemüse und die ­Salate, die sie anfassen und verpacken müssen, sind feucht und kalt. «Da braucht es das schon», sagt Möckli. Kurt Vollenweider dagegen hat «blutte» Hände. Doch auch er schützt sich wie die Damen mit mehreren Kleidungsschichten gegen die Kälte. «Wir tragen Thermounterwäsche, Leggings, Pullover und Jacken drüber», erzählen die Gemüsefrauen. «Und natürlich mögen wir es nicht, wenn es sehr kalt ist. Aber wir dürfen Pause im Café machen und uns aufwärmen», sagen sie. Das könnten nicht alle auf dem Markt. Der ist ­ohnehin recht leer um diese Jahreszeit. Nur die ganz Hartgesottenen kommen noch. Am Dienstag sind es vier Gemüse-, zwei Obststände und ein Blumenstand. Am Samstag seien es ein paar mehr, sagt Kurt Vollenweider, der seit 1973 auf den Markt geht, zunächst in Winterthur und später in Schaff-hausen, wo er immer dienstags und samstags ist. «Man muss es regelmässig machen, sonst gewöhnen sich die Kunden daran, woanders zu kaufen», sagt er.

Kurt Vollenweider, Gemüsebau Nigelsee/Schlatt, schwört auf  den Faserpelzpulli und gefütterte Bergschuhe.

Seine Mutter Lydia Vollenweider, die «Grand Old Lady» des Marktes, kommt seit 70 Jahren nach Schaffhausen, ist über 80 und stets am Samstag einige Stunden auf dem Markt. Inzwischen mache sie zweimal Kaffeepause und habe Zeit, um mal mit den Kunden zu plaudern, sagt Vollenweider.

Moonboots rutschen

Ihm macht die Kälte nicht wahnsinnig viel aus. Sein Tipp: «Auf die richtigen Schuhe kommt es an. Moonboots taugen nichts.» Da habe man zu wenig Halt und rutsche schnell aus. Er schwört auf seine gefütterten Bergschuhe, trägt lange Unterhosen, gefütterte Hosen drüber, ein Hemd, einen Faserpelzpulli und eine Jacke oder Weste, die winddicht ist. «Das ist wichtig.» Sollte es mal zu sehr um die Ecke pfeifen, dann wird der Stand zusätzlich rundum mit einer Plane geschützt. Das nütze schon, sagen seine Angestellten. Prinzipiell habe er nichts gegen die kalte Jahreszeit, sagt Vollenweider, «aber ich friere nicht gern».

Und er hat einen Geheimtipp, den er eigentlich nicht verraten wollte: Bei ihm zu Hause ist es alles andere als überheizt. «Sonst wären die Unterschiede zu extrem», sagt er. In der Stube habe es deshalb unter 20 Grad.

Etwas anderes als Gemüse anbauen und auf den Markt gehen könne er sich nicht vorstellen. Aber zwischen Weihnachten und Neujahr ist Pause – ebenso in den Sportferien. Gemüse hat er genug zu Hause, und er isst es täglich. Auch als Fondue: «Statt Brotwürfel einfach Gemüse nehmen», meint er. «Da bleibt der Käse weniger daran haften, so ist es kalorienärmer.» Und an Weihnachten gibt es Truthahn – gefüllt mit verschiedenem Gemüse.

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