Versuchte Tötung: In Steigkirche tätiger Pfarrer in Zürich verurteilt

Dario Muffler | 
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Die hiesige eritreisch-orthodoxe Gemeinde feiert noch heute ihre Gottesdienste in der Steigkirche auf der Breite in Schaffhausen. Bild: Dario Muffler

Sieben Jahre Haft für einen eritreischen Pfarrer – wegen versuchter Tötung seiner Frau. Die Tat geschah, als er in Schaffhausen als eri­treisch-orthodoxer Pfarrer tätig war.

Er würgte seine Frau bis zur Bewusstlosigkeit. Wenige Wochen davor feierte er aber noch Gottesdienste – als Pfarrer der eritreisch-orthodoxen Gemeinde in Schaffhausen. Am vergangenen Montag, dem 13. November, wurde der 31-jährige Eritreer wegen versuchter Tötung zu sieben Jahren Haft verurteilt. Das Bezirksgericht Zürich sah es als erwiesen an, dass der Pfarrer seine Frau beinahe getötet hatte, indem er sie würgte und auf sie eintrat, als sie bereits bewusstlos am Boden lag. Die Polizei rief der Pfarrer anschliessend selber und stellte sich.

Im Februar 2017 kam er in Untersuchungshaft und sitzt aktuell im vorzeitigen Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies. Eine Person, die während seiner Zeit im Gefängnis Kontakt mit ihm hatte, ist Doris Brodbeck, Beauftragte für Entwicklungszusammenarbeit und Migration der Reformierten Kantonalkirche Schaffhausen. Im November 2016 sei der eritreische Pfarrer nicht zu einer Sitzung erschienen. «Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich nichts von ihm gehört habe», erzählt Brodbeck. Denn sie habe ihn als zuverlässigen Menschen kennengelernt. «Er war sehr ­engagiert und gut im Umgang mit Personen», sagt Brodbeck.

«Sie hat ihn geschlagen»

Brodbeck gibt aber zu bedenken, dass der Eritreer wahrscheinlich seine Belastbarkeit überschätzt habe. Brodbeck berichtet davon, dass es Probleme in dessen Ehe gegeben habe. Sie habe gewusst, dass seine Frau ihn geschlagen habe. «Er hat sich aber alles gefallen lassen und hat immer gesagt, dass er sie lieb habe», sagt sie. Auch vor Gericht hatte der Pfarrer versichert, dass er seine 28-jährige Frau nicht habe töten wollen. In den polizeilichen Einvernahmen hatte er anfänglich hingegen gesagt, dass er zuerst seiner Frau und dann sich selbst das Leben nehmen wollte.

Brodbeck sucht nach Worten, als sie auf die Tat des in ihren Augen rücksichtsvollen Mannes angesprochen wird. Auch Markus Sieber, Pfarrer der Steigkirche, in der die eritreisch-orthodoxe Gemeinde noch heute Gottesdienste feiert, sagt, dass ihm der Eri­treer als sympathischer Mensch begegnet sei. Er mag sich aber nicht mehr an viel erinnern, nur dass die Ehe arrangiert und wohl nicht glücklich gewesen sei. Brodbeck sagt derweil: «Er dachte, er könne die Situation mit seiner Liebe meistern. Irgendwann wird er es dann nicht mehr ausgehalten haben.»

Verfahren gegen die Frau

Tatsächlich bestätigt die Zürcher Staatsanwaltschaft auf Anfrage der SN, dass gegen die Frau ein Verfahren gelaufen sei. Inzwischen wurde dieses aber eingestellt, weil der Eritreer die Sistierung beantragt hatte. Kurz vor der Tat hatte ihn die Polizei wegen häuslicher Gewalt aus der gemeinsamen Wohnung weggewiesen. Trotzdem wollte er seine beiden Kinder sehen, weshalb er die Frau besucht hatte. Brodbeck bestätigt, dass er sehr an seinen Kindern hänge. «Er hat eine enge Beziehung zu ihnen», sagt sie. Nebst religiösen Gründen habe er sich auch wegen der Kinder nicht scheiden lassen wollen. «Er wollte zudem eine Paartherapie besuchen», sagt Brodbeck. «Aber seine Frau wollte damals nicht.» Die Frau selber nahm in der Gerichtsverhandlung die Hauptschuld auf sich. Sie werde schnell wütend, beteuerte sie, schreibt die Schweizerische Depeschenagentur. «Ich bin schuld, er ist unschuldig», sagte sie.

Das Gericht folgte aber weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Zur siebenjährigen Haftstrafe kommen zehn Jahre Landesverweis hinzu, beginnend am Tag der Freilassung. Versuchte Tötung gehört zu den sogenannten Katalogtaten, die auf die Ausschaffungs-Initiative zurückgehen. Sie ziehen eine automatische Ausschaffung nach sich. Ob dies möglich sein wird, ist offen: Die Schweiz und Eritrea haben kein Rückübernahmeabkommen.

Gemeinde läuft normal weiter

Von all dem habe man in der eri­treisch-orthodoxen Gemeinde in Schaffhausen nicht allzu viel mitbekommen. «Es war ein privates Problem, von dem er in Schaffhausen nicht viel erzählt hat», so Brodbeck. Während er in der Steigkirche amtete, pendelte er nämlich von Zürich nach Schaffhausen. Es war auch geplant, dass der 31-Jährige nur bis Ende 2016 die Pfarrstelle innehat. Das hatte aber nicht nur mit seinen persönlichen Umständen zu tun, versichert Brodbeck. Der noch heute tätige eritreische Pfarrer aus Buch sei eine gute Lösung gewesen, weil er nicht nur Erfahrung aus Eritrea mitbrachte, sondern auch vor Ort wohnt.

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