«Büsingen ist einzigartig geblieben»

Martin Edlin | 
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Seit 50 Jahren fixiert ein Staatsvertrag, was seit 1945 für Büsingen als deutsche Exklave De-facto-Zustand ist. Das wollte gefeiert sein.

Es durfte gefrotzelt werden: «Wir würden Büsingen gerne im Kanton aufnehmen, du kannst heute Abend einen Preis nennen», versicherte der Schaffhauser Regierungsrat Christian Amsler dem Konstanzer Landrat Frank Hämmerle. Aber dieser gab zurück: «Büsingen bleibt bei uns, wir geben es nicht her. Wir sind stolz auf unsere Exklave.»

Dass es so bleibt, wie es ist, nämlich «die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet», also die «Perle am Rhein» als deutsche Exklave mit sehr engen Beziehungen zu Schaffhausen, ist nun seit genau fünfzig Jahren in einem Staatsvertrag verankert, den die Bundesrepublik Deutschland und die Eidgenossenschaft geschlossen haben.

Dieses Jubiläum wurde am Samstagabend in der Büsinger Exklavenhalle mit einem grossen Festakt begangen, zu dem nicht nur viel Politprominenz dies- und jenseits der Landesgrenze geladen war und von Bürgermeister Markus Möll begrüsst wurde, sondern vor allem auch die Bevölkerung des Dorfes mit seiner langen, wechselvollen Geschichte, auf die während Jahrhunderten sowohl die Stadtschaffhauser wie die deutsche Historie Licht und Schatten geworfen haben.

Schaffhausens «Scheitern»

Büsingen verdanke seine Existenz als «Kuriosum» einer Exklave mit vertraglicher Bindung an die Schweiz nicht nur seiner geografischen Lage, sondern ebenso seiner Geschichte, erinnerte denn auch Wolfgang Kramer als Konstanzer Kreisarchivar in einem launigen, anekdotisch reichen Referat. Seine historischen Pfeile schoss er schmunzelnd über die Grenze: «Büsingen ist eines der Beispiele für Schaffhausens Scheitern in seiner territorialen Expansionspolitik; denn es vergab leichtfertig, nicht nur Büsingen, sondern auch Hilzingen, Randegg, Gailingen oder gar Singen einzuverleiben.» Das gab Regierungsrat Amsler zu und erhielt Kramers Trost: Aber wohin würden sonst die Schaffhauser zum Einkaufen fahren …

Zurück zum fünfzigjährigen Bestehen des Staatsvertrages, der «Grundlage für den ständigen Dialog auf allen Ebenen» sei, wie er nun auch in der das Vertragswerk begleitenden «Gemischten Kommission» gepflegt werde. Das sagte Botschafterin Corinne Cicéron Bühler, Chefin der Abteilung für Völkerrecht, Staatsverträge und Nachbarrecht im Eidgenös­sischen Departement für auswärtige ­Angelegenheiten (EDA). Allerdings: Die Verhandlungen über den Staatsvertrag hatten mehr als ein Jahrzehnt gedauert, und «damalige Fragen stehen auch heute noch auf der politischen Agenda».

Eine Breitseite mit Humor

In den Ansprachen am Jubiläumsakt nahmen diese Fragen kaum Raum ein. Wohl aber in einem Theaterstück, das – etwas gar lang und gedehnt – gespickt war mit Kritik an der deutschen Politik, die den Vertrag «ein kümmer­liches Dasein» als «missratenes Geschöpf» fristen lässt. Der Sohn von Helvetia und Germanicus landete zu ­gutem beziehungsweise schlechtem Schluss gar in der «Breitenau». Das Publikum lachte ob der dick aufgetragenen und mit witzigen Videoanspielungen garnierten Breitseiten … ein Beweis dafür, dass man in Büsingen trotz oder dank des fünfzigjährigen Staatsvertrages weder den Humor noch die Lust am Feiern verloren hat: Der vom jungen Pianisten Yannik Hofmann musikalisch begleitete Jubiläums-Festakt nach Apéro und Abendessen mündete in einen fröhlichen Tanz- und Barbetrieb, zu dem die Band Surprise aufspielte.

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