«Wir haben alles versucht»

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Stageworks hat die Reissleine gezogen, die «Anna Göldi»-Produktionsfirma steht vor dem Konkurs. Gesellschafterin Diane Kiesewetter erklärt, was zum Aus geführt hat.

Interview von Zeno Geisseler und Saskia Baumgartner

Stageworks hat die Bilanz deponiert. Was ist falsch gelaufen? Warum besuchten so wenige Menschen aus der Region «Anna Göldi»?

Diane Kiesewetter: Wir nehmen an, dass es eine Kumulation verschiedener Faktoren ist: dass es unter anderem am Thema lag. Natürlich weiss jeder, dass fast alle Musicals ein schweres Thema zugrunde liegen haben. Beim «Phantom der Oper» weiss man, was auf einen zukommt. Das war bei einer Uraufführung nicht gegeben. Keiner wusste: Was erwartet mich? Und wir waren eine neue Produktionsfirma in einer neuen Location. Es waren sehr viele Faktoren, die neu waren.

Wie enttäuscht sind Sie, dass es nicht geklappt hat?

Wir haben damit gerechnet, dass es nicht leicht wird und wir grosse Initialaufwände haben werden. Und wir hatten einen mehrjährigen Plan verfolgt. Wir haben alles versucht, noch gegenzusteuern, das zu verhindern. Wir haben überall Kosten gespart, selbst Mittel investiert, auf eigene Kompensation von Leistungen verzichtet.

Das heisst, Sie haben gratis gearbeitet?

Ja, das ist so. Und nicht nur ich.

Wie viel Schaden tragen Sie, wie viel die Gläubiger?

Auf konkrete Zahlen gehe ich nicht ein. Ich kann Ihnen einfach sagen, dass wir Gesellschafter ebenfalls Gläubiger sind.

Zum Defizit. Die «Schaffhauser AZ» nannte heute eine Zahl: 997 000 Franken Reinverlust, die aus einer internen Bilanz stamme.

Diese Zahl kann ich nicht bestätigen, ich weiss auch nicht, wo sie herkommt. Und wenn tatsächlich Interna an die AZ weitergeleitet wurden, dann werden wir dagegen auch juristisch vorgehen. Das sind vertrau­liche Informationen.

Wie haben Sie die Betroffenen – Lieferanten, Cast, Musiker – über die Bilanzdeponierung informiert?

Wir haben sie über das Mediencommuniqué informiert. Grundsätzlich haben alle zur glei- chen Zeit die gleiche Information erhalten.

Wann war Ihnen klar, dass Stageworks keine Zukunft hat?

Anfang November. Wir konnten zwar noch neue Partner gewinnen. Leute, welche die Idee und das Konzept grundsätzlich unterstützt haben. Auf der anderen Seite haben sich aber Gespräche in eine Richtung entwickelt, dass wir sagen mussten: Das wird nichts, da gibt es keine gemeinsame Zukunft. Wir können unter diesen Umständen keine neue Produktion aufgleisen. Wir müssen die Tatsachen so akzeptieren, wie sie sind.

Vor zweieinhalb Wochen sagten Sie noch, dass allen Verpflichtungen nachgekommen wurde und werde. Was hat sich seitdem geändert?

Bis dahin sind wir unseren Verpflichtungen nachgekommen, und danach sind einfach so viele Sachen passiert, die haben absehen lassen, dass die finanziellen Mittel trotz allem nicht reichen. In Aussicht gestellte Finanzierungsoptionen sind weggebrochen. Diese Faktoren führten letztlich dazu, dass wir handeln mussten.

Lag Ihre grosse Hoffnung auf der zweiten Musicalproduktion?

Man kann nicht mit neuen Sachen alte Löcher stopfen. Wir hätten einen Weg finden müssen, «Anna Göldi» sauber abzuschliessen. Und man hätte mit einer zweiten Produktion eine Basis schaffen müssen. Und die Evaluation verschiedener Stücke hat ergeben, dass wir dieses Risiko so nicht tragen können. Weder mit einer bekannten Thematik noch mit einer Uraufführung. Wir hätten in einer zweiten Produktion sicher einiges anders gemacht, mussten uns aber eingestehen, dass es die nicht geben kann. Wir fünf Gesellschafter können das nicht stemmen.

Drei der fünf Gesellschafter sind auch bei der Leading Communication tätig. Inwiefern sind diese Firma und deren Projekte betroffen?

Die Leading Communication ist eine Gläubigerin von Stageworks. Das sind aber unterschiedliche Firmen. Die Projekte von Leading Communication sind nicht betroffen.

Sie haben die aufwendige Vorarbeit geleistet. Das Paket «Anna Göldi» ist geschnürt. Ist es denkbar, dass das Musical weiterlebt?

Das ist sicher denkbar. Wir haben auch solche Gespräche geführt. Nur geht das nicht so schnell, das ist eher langfristig. Und wie gesagt – irgendwann muss man auch den Faktor Zeit mit einkalkulieren. Irgendwann merkt man, bei aller Hoffnung, man muss jetzt Konsequenzen ziehen.

Glauben Sie weiterhin, dass ein Musical in der Region möglich wäre?

Das Genre gibt es hier so nicht. Ich behaupte immer noch, dass die überwiegende Mehrheit der Besucher begeistert und angetan war. Die Halle ist super angekommen, die ganze Location. Bochum war vor «Starlight Express» auch nicht das Musical-Zen­trum der Welt. Und jetzt ist es das.

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