Die ersten Mitarbeiter sind eingetroffen

Sidonia Küpfer | 
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200 neue UBS-Mitarbeitende sind schon da, rund 300 folgen noch. Gian-Rico Willy, David Pfund und Beat Schmidlin (v. l.) in den neuen Büros der UBS an der Solenbergstrasse 5 in Schaffhausen. Bilder: Michael Kessler

Die ersten 200 UBS-Mitarbeitenden sind in die Büros im Solenberg eingezogen. Nun kommen jeden Monat 20 bis 50 weitere hinzu, bis das Gebäude gefüllt ist.

Diese Meldung machte schweizweit Schlagzeilen: Die UBS zieht mit 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach Schaffhausen. Inzwischen ist bereits Betrieb und Leben eingekehrt in das Gebäude Solenberg 5, gleich hinter der grossen BMW-Garage. Im sechsten Stock geht es durch eine Sicherheitsschleuse ins Innere. Durch eine offene Küche mit Lounge führt der Weg ins Grossraumbüro. Um 13.30 Uhr herrscht hier reger Betrieb, die meisten Computer sind besetzt, trotzdem ist es nicht laut.

Valeria Pugliese und Debora Arnold sind zwei dieser 200 nach Schaffhausen gezogenen UBS-Mitarbeiter. Pugliese arbeitet seit 2009 für die Grossbank. Man habe ja schon länger gehört, dass es eine Veränderung geben könnte, blickt sie zurück. «Doch als im Mai dann der Umzug kommuniziert wurde, war das im ersten Moment schon ein Schock», gibt sie unumwunden zu. Sie, die zuvor an ihrem Wohnort Zürich Altstetten auch arbeitete, hat nun mit einer Stunde und 15 Minuten einen deutlich längeren Arbeitsweg und muss viel früher aufstehen: «Dabei bin ich eigentlich überhaupt kein Morgenmensch.» Aber für sie sei klar gewesen, dass sie nicht aus Zürich wegwolle («das ist meine Stadt»), dass sie aber ihren Job auch nicht aufgeben wolle («der ist einmalig»). Also entschied sie sich, nach Schaffhausen zu wechseln. Und sie gewinnt dem Pendeln auch Positives ab: «Früher hatte ich eigentlich gar keine Aufwachphase, jetzt bin ich viel frischer, wenn ich am Arbeitsplatz ankomme.»

«Als im Mai der Umzug kommuniziert wurde, war das im ersten Moment schon ein Schock.»

Valeria Pugliese, UBS-Mitarbeiterin

Debora Arnold arbeitet seit Juli bei der UBS im Zahlungsverkehr. Zum Zeitpunkt des Treffens hat sie gerade ihren zweiten Arbeitstag in Schaffhausen. Zuvor war ihr Arbeitsplatz in Opfikon. Von ihrem Wohnort Winterthur aus ist die Umstellung nicht sonderlich gross. «Es ist angenehmer, nach Schaffhausen zu pendeln, man hat meist ein ganzes Abteil für sich. In der Flughafenumgebung blockieren oft irgendwelche Koffer den Weg.» Zudem sei der Shuttlebus super.

Ein eigener Shuttleservice

Die UBS hat für ihre Mitarbeiter eigens einen Busservice auf die Beine gestellt. Morgens fährt der Bus viermal vom Bahnhof zum Solenberg, abends dreimal zurück zum Bahnhof. Die UBS bezahlt diesen Dienst aus der eigenen Tasche, die Verkehrsbetriebe Schaffhausen führen die Fahrten durch. «Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pendeln teilweise von weit her zur Arbeit, mit den öffentlichen Bus­linien müssten sie noch ein weiteres Mal umsteigen», erklärt Beat Schmidlin. Er ist Head Strategic Delivery Center Switzerland und verantwortlich für die Umsetzung der Schweizer Near­shoring-Strategie der Bank. Auch die Cilag, die ebenfalls im Gebäude eingemietet ist, hat für ihre Mitarbeiter eigene Kleinbusse. Gian-Rico Willy, Leiter der UBS Schaffhausen, ergänzt, dass sie das Gespräch mit dem Stadtrat gesucht hätten, denn eine direkte Buslinie vom Bahnhof zum Solenberg wäre wichtig. Er ist enttäuscht, dass der politische Rahmen keine pragmatische und wirtschaftsfreundliche Lösung zulässt.

Nebst der eigenen Shuttlebuslinie stellt die UBS ihren Schaffhauser Mitarbeitern auch zehn E-Bikes zur Verfügung (die SN berichteten). Sowohl die Solenberger als auch die Angestellten der Filiale im Stadtzentrum können diese nutzen. «Die E-Bikes werden noch etwas zögerlich genutzt, aber es kommt langsam», sagt David Pfund, der Projektleiter für das neue Business Solutions Center. Man biete individuelle Einführungsanlässe an, und bei ­einigen Gruppenaktivitäten seien die E-Bikes auch schon rege genutzt worden.

«Wir versuchen aus diesem UBS Business Solutions Center ein kleines Start-up zu machen.»

David Pfund, Projektleiter Business Solutions Center

Für das leibliche Wohl ist ebenfalls gesorgt: Für den kleinen Hunger gibt es einen Felfel-Automaten, der gesunde Snacks verspricht. Daneben wird gerade eine Kantine eingebaut. Bis dahin können sich die Mitarbeiter im Provisorium verpflegen: Gleich neben dem Gebäude steht ein grosses weisses Zelt, in dem täglich ein vegetarisches und ein fleischhaltiges Menü angeboten werden. «Es ist eigentlich noch gemütlich», sagt Debora Arnold. Die Kantine steht auch den Filialangestellten zur Verfügung. Generell versuche man, die Verbindungen zwischen dem Solenberg und der Filiale zu intensivieren, erklärt Gian-Rico Willy.

«Wir wollen vieles anders machen»

David Pfund kommt unter anderem die Aufgabe zu, unter den neu zusammengewürfelten Arbeitskollegen ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu bilden. «Natürlich haben sie am Anfang nicht unbedingt Freude an der Veränderung gehabt», sagt Pfund. Doch man will unter den Mitarbeitenden ein neues Feuer entfachen: «Wir versuchen aus diesem UBS Business Solutions Center ein kleines Start-up zu machen. Wir wollen vieles anders und besser als früher machen.» Es seien verschiedene Initiativen am Laufen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Und das sei nicht etwa von oben verordnet, sondern werde auch von unten angestossen. So konnten sich Mitarbeitende melden, um sogenannte «Culture Carriers» (zu Deutsch: Kulturträger) zu werden. Valeria Pugliese ist mit von der Partie. Zwischen 20 und 30 Ideen hätten sie gesammelt, aus denen nun etwa ein Dutzend Initiativen entstehen, mit denen das Zusammenarbeiten verbessert werden soll. Daraus entstanden ist zum Beispiel der Lunch-Club: Mitarbeiter des UBS Business Solutions Center und der Filiale können sich für ein gemeinsames Mittagessen anmelden. Das erste ist noch für Oktober geplant.

 

Valeria Pugliese und Debora Arnold (v. l.) sind zwei der mittlerweile 200 Mitarbeitenden im neuen Business Solutions Center.

 

Tiefere Miet- und Lohnkosten

Die UBS geht also beim Backoffice neue Wege. Nebst dem Business Solutions Center in Schaffhausen ist bereits ein weiteres in Biel angekündigt. 2019 sollen 600 Stellen von Zürich dorthin verlagert werden. Ein drittes Center soll entlang der Gotthard-Achse entstehen. Diese Strategie, vermehrt auch an die Peripherie zu ziehen, bedeutet aber keine Abkehr von den grossen Auslagerungen nach Polen, Indien oder China. Doch nicht alle Aufgaben lassen sich überhaupt ins Ausland verlegen, wie Beat Schmidlin erklärt: «Aus regulatorischen Gründen darf auf Kundendaten in der Schweiz nicht aus dem Ausland zugegriffen werden.» Inmitten von Zürich müssen diese Büros aber auch nicht liegen. Für Schaffhausen hätten zum Beispiel die langfristig günstigeren Mietkosten, aber auch das tiefere Lohnniveau gesprochen, sagt Schmidlin. Einen Steuerdeal, was vielleicht manch einer vermutet hat, schloss die UBS hingegen nicht ab.

Etwa fünf Prozent Grenzgänger

Die bestehenden Mitarbeitenden, die neu in Schaffhausen sind, werden zu denselben Konditionen wie bisher angestellt. Doch wer neu eingestellt wird, erhält «Schaffhauser Löhne». Und eingestellt hat die UBS bereits ­eifrig. Rund 70 Prozent des für den Umzug bestimmten Personals sind mitgekommen. Das fehlende Personal sei zu 90 Prozent bereits eingestellt. Und wie viele davon sind Grenzgänger? «Nicht viele», sagt David Pfund. Während in Schaffhauser Firmen durchschnittlich 25 Prozent Grenzgänger beschäftigt würden, liege die Quote bei der UBS bei etwa fünf Prozent. «Viele Leute denken, dass die UBS gekommen sei, um Grenzgänger anzustellen. Aber es ist nicht so, wir fokussieren uns auf den Schweizer Arbeitsmarkt», so Pfund. Die UBS will sich mit der Dezentralisierung neue Arbeitsmärkte erschliessen. «Für uns ist die Nähe zu Unis und Fachhochschulen zentral», sagt Schmidlin. Denn die UBS suche vom Lehrling bis zum Uni-Absolventen Angestellte. Was müssen diese in Zeiten der Digitalisierung denn für Eigenschaften mitbringen? «Wichtig ist, dass sie dynamisch, motiviert und flexibel sind», sagt Pfund.

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