Grosse Sorgen um die alte Heimat

Saskia Baumgartner | 
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Haben unterschiedliche Meinungen über die Bestrebungen für eine Abspaltung Kataloniens: die gebürtigen Galicier Victoria Perez und Jesus Diaz mit Marco und Pedro Planas (von links), die katalonische Wurzeln haben. Bild: Selwyn Hoffmann

Wie geht es weiter nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien? Darüber sind sich Schaffhauser mit spanischen Wurzeln nicht einig.

Die Bilder der Polizisten, die am Sonntag auf die katalanischen Stimmwilligen einprügelten, gehen Pedro Planas nicht aus dem Kopf. So weit hätte es nicht kommen dürfen, sagt er. Planas ist Präsident des «Penya FC Barcelona Don Quijote», des Schaffhauser Fanclubs des katalanischen Fussballvereins. Er kommt ursprünglich aus Katalonien, zwei Brüder leben heute noch dort. Er selbst habe beim Referendum zur Abspaltung Kataloniens seine Stimme abgegeben, per Briefwahl. «Ich habe Nein gestimmt», sagt er. Es sei ein Entscheid aus dem Bauch heraus gewesen.

Planas ist grundsätzlich gegen eine Abspaltung Kataloniens. Er kann die Wünsche nach mehr Selbstbestimmung zwar nachvollziehen und glaubt, dass Katalonien bevormundet wird. Doch er glaubt auch, dass eine Abspaltung nicht die Lösung ist. Das aber sollten die Katalanen selbst entscheiden dürfen. Sein Sohn Marco Planas, SP-Grossstadtrat, denkt ähnlich: «Ich bin kein Separatist, aber ich finde, dass die Katalanen das Recht haben sollten, über ihre Unabhängigkeit abzustimmen.» Jesus Diaz, aus Galicien im Nordwesten Spaniens stammend, wirft ein, dass Spanien sich den Föderalismus in Deutschland oder der Schweiz zum Vorbild nehmen sollte.

«Katalonien gehört zu Spanien»

Victoria Perez findet es schade, dass es überhaupt Bestrebungen für eine Abspaltung gibt. Perez wuchs wie Diaz in Galicien auf. Wenn in ihrer Heimatregion der Wunsch nach Unabhängigkeit aufkäme, wäre sie ebenfalls dagegen, sagt sie. Galicien gehöre, wie Katalonien auch, zu Spanien. Dabei kann Perez den Wunsch nach einer eigenen Kultur und Sprache – beide Regionen haben eigene Sprachen – durchaus nachvollziehen. «Ich selbst durfte in der Schule nicht Galicisch lernen», sagt sie. Das habe sie sehr bedauert. Als ihre zwölf Jahre jüngere Schwester die Schule besucht habe, sei dies dann möglich gewesen. Galicien ist seit 1981 eine autonome Gemeinschaft, das Galicische ist seither in dieser Region Amtssprache.

«Ich bin kein Separatist, aber ich finde, dass die Katalanen das Recht haben sollten, über ihre Unabhängigkeit abzustimmen.»

Marco Planas, SP-Grossstadtrat mit katalanischen Wurzeln

Marco Planas glaubt, dass sich der Abspaltungswunsch der Katalanen in den letzten Jahren vor allem wegen des Widerstands von Regierungschef Mariano Rajoy und seiner Partido Popular (PP) verstärkt habe. Auch der von Rajoy angeordnete Polizei-Einsatz beim illegalen Referendum vom letzten Wochenende habe wieder Feuer ins Öl gegossen. «PP ist der Motor für die Separatisten», sagt Planas. Noch vor zehn Jahren wäre nur eine Minderheit für die Abspaltung gewesen, wegen Rajoy und der Gegenwehr der PP sei die Idee mehrheitsfähiger geworden. Vom katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont ist Planas aber ebenso wenig überzeugt. Mit diesen beiden Protagonisten werde man keine Lösung finden. Es brauche auf beiden Seiten neue Köpfe. Und dann müsse man endlich miteinander reden. Pedro Planas, ­Jesus Diaz und Victoria Perez nicken zustimmend mit den Köpfen.

Katalonien kann nicht ohne Spanien – und umgekehrt. Auch darin sind sich die vier grundsätzlich einig.

Kommenden Montag wird die katalanische Regierung möglicherweise einseitig die Unabhängigkeit ausrufen – das spanische Verfassungsgericht hat die geplante Sitzung des Regionalparlaments jedoch untersagt. Pedro Planas sagt: «Ich habe Angst davor, was passiert.» Er befürchtet, dass es wieder zu Gewalt kommt und es Rückschritte bei der Autonomie der Katalanen geben wird.

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