Mit Strom gegen den Strom fahren

Tito Valchera | 
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Bootsbauer Urs Kohler hat einen Stachelweidling mit einem Elektromotor nachgerüstet. Dieser ist seitlich an einer Metallstange angebracht. Bild: Tito Valchera

Elektroantriebe erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Auf dem Rhein sind jetzt elektrisch angetriebene Boote unterwegs. Ihre Reichweite ist allerdings noch ziemlich limitiert.

Der Weidling von Urs Kohler gleitet beinahe geräuschlos dahin. Aber nicht etwa flussabwärts, nein, sein Boot fährt mit laufendem E-Motor flussaufwärts. Kohler, Weidlingsbauer aus Thayngen, glaubt an die Zukunft von E-Motoren. «Ich habe einen E-Weidling und bin oft damit auf dem Rhein unterwegs – er ist leise und geruchsfrei», sagt er.

Kohler verkauft auch E-Motoren – dies bereits an vier Kunden aus der Region. Der Bootsbauer bietet zudem einen E-Motoren-Umbausatz für Stachelweidlinge an. «Wir verbauen am Rumpf eine Metallstange, an welcher der E-Motor seitlich an der Bootsaussenwand befestigt wird», sagt er. Es seien dabei keine weiteren Arbeiten nötig. Da der Elektromotor einfach eingeklappt werden kann, ist der Stachelweidling weiterhin auch als reiner Stachler einsetzbar.

Sein selbst entwickelter Umbausatz kostet 8000 Franken. E-Motoren sind damit fast doppelt so teuer wie die Benziner. Doch man spare beim Unterhalt, so Kohler: «Nur alle paar Jahre müssen die Dichtungen überprüft werden, da sich der ganze Motor unter Wasser befindet.»

Die zwei Motortypen unterscheiden sich auch im Handling. «Den E-Motor kann ich feiner steuern und dosierter fahren als den Benziner», beschreibt Kohler seine Eindrücke. In der bevorstehenden städtischen Abstimmung über eine Limitierung von motorisierten Weidlingen auf dem Rhein werden die elektrischen Antriebe den Benzinern indes gleichgesetzt (siehe Box).

Zum Schaaren oder weiter?

Wie beim E-Auto ist auch beim E-Weidling die Reichweite ein Knackpunkt. «Mit einem Zweikilowattstunden-Motor und zwei Batterien komme ich gut bis nach Diessenhofen», sagt Kohler. Dies, wenn er bei mittlerer bis niedriger Geschwindigkeit und mit bis vier Leuten auf dem Boot unterwegs sei, sagt er. Aber das hänge teilweise auch von der Art und Anzahl Batterien, wie auch von der Wassermenge und der Strömungsstärke ab.

«Mit einem Zweikilowattstunden-Motor und zwei Batterien komme ich gut bis nach Diessenhofen.»

Urs Kohler, Weidlingsbauer

Marko Altmann verkauft in seiner gleichnamigen Auto- und Bootsgarage in Büsingen Benzin-Bootsmotoren. Er hat Bedenken bezüglich der gegenwärtigen E-Motoren. Es seien zwar effiziente E-Motoren auf dem Markt, aber die Reichweite sei eben schon ein grosses Problem. «Wenn ein Kunde weiter als nur von Schaffhausen bis zum Schaaren fahren möchte, empfehle ich ihm keinen E-Motor», sagt er. Der E-Motor ist für ihn noch nicht massentauglich: «Er ist eher noch für Individualisten.»

Treibt man auf dem Rhein und sind die Elektrobatterien leer, sieht Altmann darin ein Sicherheitsrisiko – wenn beispielsweise ein Kursschiff komme und man ausweichen müsse. «Dann kann der Bootsführer nur noch stacheln oder rudern», sagt er. Da habe man mit dem Benziner mehr Reserven, so Altmann.

Kohler hingegen sieht weniger Probleme, auch wenn der E-Weidling oft für ältere Leute als Alternative angepriesen werde. Man sehe ja, wie viel Strom noch vorhanden sei, und fahre die Batterie nicht ganz leer. «Mit dieser Sicherheitsreserve kann man stets auf Gefahren­situationen reagieren», sagt er.

Sonne oder Steckdose

Das Wiederaufladen der Batterien, die den Motor mit Strom beliefern, wird übrigens unterschiedlich gelöst: Es gibt E-Boote mit Solarzellen, die je nach Wetter ein bis zwei Tage zum Laden der Batterien brauchen. «Für gelegentliche Wochenendfahrer genügt das», sagt Kohler. Es gibt aber auch die Möglichkeit, die Elektrobatterien jeweils ein- und auszuladen, um sie zu Hause an das Stromnetz zu hängen.

 

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