Bei Starkregen laufen die Kläranlagen über

Luc Müller | 
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In Siblingen fliesst das überschüssige Abwasser aus dem überfüllten Regenbecken in den Seltenbach. Der Abfluss ist mit einem Gitter versehen. Bild: zvg

Nach heftigen Niederschlägen wie in der Nacht auf gestern fliesst aus den regionalen Kläranlagen ungereinigtes Abwasser in den Rhein und in die Bäche. Im Klettgau saniert man deshalb jetzt für sieben Millionen Franken das Kanalnetz.

Starker Regenfall bringt die Kläranlagen in der Region an ihre Kapazitätsgrenzen: Sie können das zusätzliche Wasser nicht ganz schlucken. Es wird dann in sogenannte Überlaufbecken geleitet, welche Abwasser und Regenwasser in der Kanalisation halten sollen. Doch bei besonders viel Regen laufen diese Becken über – und dann gelangt die Brühe in den Rhein und in die Bäche. «Es kann vorkommen, dass in solchen Fällen ungereinigtes Abwasser in den Rhein fliesst», bestätigt der stellvertretende Klärmeister der Kläranlage Röti in Neuhausen am Rheinfall.

Auch in Stein am Rhein kennt man bei der Abwasserreinigungsanlage diese Problematik. «Bei Starkregen kommt das Abwasser zunächst ins Regenklärbecken, wo die Feststoffe wie Fäkalien absinken. Es kommt aber vor, dass ungeklärtes Abwasser dann in den Rhein fliesst», so der dortige Klärmeister.

Badewasserqualität ist gut, aber ...

Das ist aber gesetzeskonform: Das Gewässerschutzgesetz des Bundes erlaubt es, dass Regenwasser zusammen mit Schmutzwasser – unter anderem die Abwässer aus der WC-Spülung – durch die Kanalisation fliesst, was dann eben dazu führen kann, dass die Rückhaltebecken überlaufen.

Rainer Bombardi, Fachbereichsleiter Kläranlagen im Interkantonalen Labor mit Sitz in der Stadt Schaffhausen, beruhigt: «Wir messen regelmässig die Wasserqualität des Rheins. Der Rheinabfluss ist so gross, dass sich allenfalls das während Regenereignissen in den Rhein gelangende Abwasser verdünnt. Die gemessene Qualität des Badewassers an den Badeorten ist gut bis sehr gut, wie zuletzt die Messungen vom 19. Juni gezeigt haben.»

Aber Bombardi fügt an: «Die gemessene Badequalität ist eine Momentaufnahme. Vor allem bei starken Regenfällen droht eine Verschlechterung, zum Beispiel durch Abschwemmungen aus landwirtschaftlich genutzten Böden oder eben aus den Regenwasserüberläufen der Kanalisation.» Bei Starkniederschlägen gehe allerdings kaum jemand baden. Generell gelte: Nehme der Mensch eine grössere Menge an verschmutztem Wasser auf, könne es zu Erkrankungen kommen. Das betreffe vor allem Kinder, ältere Menschen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem, so Bombardi.

Auch im Klettgau kommt es vor, dass bei starkem Regen die Regenbecken in der Kanalisation überlaufen und dann über Ausflüsse in die kleinen Bäche gelangen. Das verdünnte Abwasser wird dann in Hallau beispielsweise über den Halbach in die Wutach und später in den Rhein gespült. «Fäkalien gelangen aber nicht in die Bäche. Diese setzen sich in den Regenbecken ab und bleiben dort am Boden», erklärt Markus Gresch von der Hunziker Betatech AG, die den Abwasserverband Klettgau berät. WC-Papier sei aber schon ab und zu mal im Bach zu sehen. «Vor allem die Gitter vor den Ausflüssen sind verklebt», so Gresch. Und wenn die ungereinigten Abwässer, also auch Fäkalienwasser und Urinspuren, in die Bäche gelangten, führe das zu einer Überdüngung. Das könne zu Problemen für Tiere und Pflanzen führen.

«Ab und zu ist nach starken Regenfällen WC-Papier im Bach zu sehen.» Markus Gresch, Berater des Abwasserverbands Klettgau

Im Klettgau wird jetzt saniert

Um auch solche Probleme zu minimieren, investiert der Abwasserverband Klettgau jetzt in seine Infrastruktur. Rund sieben Millionen Franken nimmt der Verband in die Hand, um sein Kanalnetz und hier vor allem die zwölf bestehenden Regenbecken zu sanieren. Die Becken liegen unter der Erde und sind bereits rund 40 Jahre alt. An den Kosten beteiligen sich die acht an der ARA angeschlossenen Gemeinden Beringen, Gächlingen, Hallau, Löhningen, Neunkirch, Oberhallau, Siblingen und Wilchingen. In Unterneuhaus in Wilchlingen wird ein neues Regenüberlaufbecken mit Abwasserpumpwerk gebaut. Zudem werden an den Zu- und Abläufen der Regenbecken Siebrechen eingebaut, um WC-Papier und andere Hygieneartikel wie Damenbinden aufzuhalten. Der Einbau neuer Technik sorgt überdies dafür, dass die Regenbecken weniger schnell überfluten.

Die Sanierung erfolgt zwischen 2018 und 2020, wie der Abwasserverband Klettgau in einer Medienmitteilung schreibt.

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