Bundesgericht gibt 17-jährigem Klettgauer recht

Dario Muffler | 
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Ein Jugendlicher kämpfte vor Bundesgericht gegen einen Führerscheinentzug. Dies, weil er mit einem Traktor Abfall transportiert hat, was als gewerbliche Fahrt gilt. Bild: Key

Wegen einer Traktorfahrt mit Schwarzabfall auf dem Anhänger hätte ein heute 17-Jähriger den Führerschein fast abgeben müssen. Das Bundesgericht hat den Entscheid des Obergerichts nun aufgehoben.

Zweieinhalb Jahre geprägt von grosser Ungewissheit und mentaler Belastung liegen hinter einer Familie aus dem Klettgau. «Es sind viele Tränen geflossen während dieser Zeit», sagt die Mutter. Ihrem Sohn ist am 19. Juli 2016 vom Obergericht der Führerausweis entzogen worden. Umso glücklicher ist sie nun, da ihr Sohn vom Bundesgericht gänzlich freigesprochen worden ist. Damit wird ihm der Führerschein nicht entzogen. «Es war eine langwierige Angelegenheit», so die Mutter.

Die Sonderbewilligung fehlte

Was war passiert? Im Dezember 2014 fährt der damals 15-jährige ­Jugendliche mit einem Traktor von Siblingen nach Beringen, um bei der KBA Hard Schwarzabfall der Gemeinde zu entsorgen. Der Knabe tut dies mit einem Traktor des Siblinger Bauers Max Keller. Der 15-Jährige wird von einer Polizeistreife angehalten und muss sich ausweisen. Er verfügt über Führerausweis und die nötigen Fahrzeugpapiere, um den Traktor samt beladenem Anhänger führen zu dürfen. Was er nicht hat, ist eine Bewilligung für die Nutzung eines landwirtschaftlichen Fahrzeugs zu gewerblichen Fahrten.

Der Jugendliche wird deshalb von der Staatsanwaltschaft wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs ohne den erforderlichen Führerausweis sowie wegen mehrfacher Übertretung der Verkehrsregelverordnung durch Verwendung eines landwirtschaftlich immatrikulierten Fahrzeugs für gewerbliche Fahrten verurteilt. Gleichzeitig wurde ein Administrativverfahren gegen den Jugendlichen eröffnet, um ihm den Führerausweis für einen Monat zu entziehen.

Der Jugendliche legte dagegen Rekurs ein. Der Regierungsrat lehnte diesen ab. Auch das Obergericht sah anschliessend keinen Grund für die Gutheissung seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Familie ging darum vor Bundesgericht.

Kanton muss bezahlen

Die oberste richterliche Instanz des Landes hat der Familie nun recht gegeben. Im Urteil vom 21. April, das den SN vorliegt, schreibt das Gericht, «seine Verfehlung entspricht qualitativ einer Widerhandlung, die im Ordnungsbussenverfahren geahndet werden könnte». Das Vergehen wird als Bagatelle eingestuft. Stephan Stulz, Rechtsanwalt des Knaben, sagt: «Für diese Verfehlung war es ein viel zu aufwendiges und zu lange dauerndes Verfahren.»

Die Kosten müssen fast zur Hälfte vom Kanton getragen werden. In diesem Fall sind das 6000 Franken Parteienentschädigung und zweimal 1000 Franken für Verfahrenskosten. Hinzu komme die Parteienentschädigung, die im Rahmen des Verfahrens gegen den Bauer Max Keller habe bezahlt werden müssen, sagt Stulz. Keller war vom Kantonsgericht bereits 2016 vom Vorwurf freigesprochen worden, sein Fahrzeug einer Person ohne den erforderlichen Ausweis überlassen zu haben.

Grosse Unterstützung erfahren

Die restlichen Kosten von gut 7000 Franken, die bei der Familie angefallen sind, werden vom Schweizerischen Verband für Landtechnik getragen. Über die Unterstützung des Verbands zeigt sich die Mutter sehr froh: «Dass wir von einem Verband, dem wir nicht einmal angehören, so stark unterstützt wurden, hat mich berührt», sagt sie. Die Familie sieht sich deshalb darin bestätigt, den juristischen Weg bis zum Schluss gegangen zu sein. «Mehr als einmal haben wir diskutiert, ob wir den Entscheid nicht einfach hinnehmen wollen», erzählt die Mutter.

Zu Beginn war die Familie davon ausgegangen, dass es lediglich zu einer Busse für den Knaben kommen würde. Als dann klar war, dass ein Entzug des Führerscheins angeordnet worden war, entschied sich die Familie, unterstützt von Bauer Keller, dagegen anzukämpfen. «Ein Entzug des Führerausweises haftet einem das ganze Leben an», so die Mutter. Auch die angestrebte Funktion als Fahrer im Militär wäre dem Jugendlichen verwehrt geblieben. «Und dabei fährt er so gerne», erzählt sie.

Es hat darum auch nicht allzu lange gedauert, bis der Jugendliche wieder Traktor gefahren ist. Einzig während der ersten Fahrten habe er ein mulmiges Gefühl gehabt, sagt die Mutter. «Das ist aber schnell wieder verflogen. Nur mit Transporten von Abfällen ist er heute vorsichtig.» Auch wenn Bauer Max Keller inzwischen über eine Sonderbewilligung für den gewerblichen Transport von Schwarzabfällen verfügt.

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