Neuseelands Fäkalienproblem

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Unsachgemäss installierte Abwassersysteme führen laut der Abwasserbiologin Gemma Tolich zum «langsamen Tod» des Hafens von Auckland. Bild: Key

Im neuseeländischen Auckland warnen die Behörden die Bewohner vor dem Baden an Stränden der Stadt. Grund ist eine überhöhte Bakterienbelastung in den Gewässern, die zu Entzündungen führen könnte. Auch auf dem Land stellt sich das Problem.

Von Urs Wälterlin

«Schwimmen wegen Gefährdung der Gesundheit verboten» lautet die Warnung der Behörden in Auckland. Seit Beginn des neuseeländischen Sommers stehen an einigen der bekanntesten und beliebtesten Badestränden der Stadt entsprechende Schilder. Sie sind fest installiert – Hoffnung auf eine baldige Verbesserung der Situation gibt es offenbar nicht. Sieben weitere der insgesamt 72 Strände Aucklands würden wegen möglicher Verschmutzung überwacht, meint die Lokalverwaltung.

Der Grund für die Kontaminierung nimmt selbst grössten Wasserratten die Lust aufs Schwimmen: Fäkalien. Laut der Zeitung «New Zealand Herald» wurde am Strand von Green Bay eine Enterokokken-Bakterien-Belastung gemessen, die 173-mal höher sei, als das Gesundheitsamt erlaube. Diese Milchsäurebakterien kommen im Verdauungstrakt natürlich vor. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Darmflora und für das Immunsystem. Ausserhalb des Verdauungsapparates können sie Entzündungen verursachen, etwa der Harnwege, von Wunden, sogar der Herz­innenhaut und des Bauchfells. Besonders anfällig für eine Infektion mit ­Enterokokken sind Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Die Behörden machen in erster Linie unsachgemäss installierte Abwassersysteme für das Problem verantwortlich. Laut der Abwasserbiologin Gemma Tolich Allen führen überfliessende Sickergruben sowie die inadäquate Umgehungsleitung einer Kläranlage zum «langsamen Tod» des Hafens von Auckland.

Kuhdung im Bach

Die Verschmutzung von Gewässern ist aber nicht nur in Städten ein immer grösser werdendes Problem. Während in Auckland vor allem menschliche Fäkalien für die Situation verantwortlich gemacht werden, belasten auf dem Land Millionen von ­Kühen die Umwelt. Der Zufluss von Urin und Kot in Bächen und Flüssen, von Dünger und anderen Chemikalien hat in einigen Gebieten das Ausmass einer schleichenden Umweltkatastrophe angenommen. Eine starke Nachfrage nach Milchprodukten in China hat Neuseeland in den letzten Jahren zu einer Art gigantischer Kuhweide werden lassen. Etwa 6 Millionen Milchkühe teilen das Land mit nur 4,5 Millionen Menschen. Die Tiere produzieren etwa 20 Milliarden Liter Milch pro Jahr. Die durchschnittliche Grösse einer Herde liegt bei 419 Milchkühen. Der Milch-Boom hat viele neuseeländische Bauern zu Millionären werden lassen.

«Weisses Gold» fordert Tribut

Die Jagd nach dem «weissen Gold» fordert vor allem auf der Nordinsel einen hohen Tribut von der Natur. Bäche und Seen sind inzwischen vielerorts so stark verschmutzt, dass Baden ein Risiko für die Gesundheit ist. Die Milchindustrie ist laut einer Studie mit ein Grund, weshalb 80 Prozent aller einheimischen Vögel, 88 Prozent aller Reptilien und sämtliche neuseeländischen Froscharten vom Aussterben bedroht sind.

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