«Wir gehen Online vorsichtig an»

Robin Blanck | 
Noch keine Kommentare
«Das Onlineportal ist ein erster Kontakt zu den Jungen, welche die SN noch nicht lesen. Und für ältere Abonnenten bietet die Website einen Mehrwert an Rund-um-die-Uhr-Informationen», sagt Chefredaktor Robin Blanck im Interview. Bild: Selwyn Hoffmann

Zum Abschluss der Umbauten spricht SN-Chefredaktor Robin Blanck über die Herausforderungen für Journalisten in Zeiten einer serbelnden Medienbranche. Und er sagt, warum er dennoch zuversichtlich in die Zukunft schaut.

Robin Blanck, werden die SN auch in einem Jahrzehnt noch unabhängig sein?

Das ist unser Ziel und unser Wille. Die Meier + Cie AG ist mehrheitlich im Besitz der Carl Oechs­lin Stiftung, welche den Erhalt der Unabhängigkeit zum Zweck hat. Diese Ausgangslage bietet Gewähr dafür, dass die Redaktion unabhängig von politischen oder wirtschaftlichen Faktoren arbeiten und ihre Meinung kundtun kann. Die Stiftung ist aber kein Ruhekissen: Wir sind darauf angewiesen, unser wirtschaftliches Auskommen selbst zu erwirtschaften.

Sie sind seit bald eineinhalb Jahren Chefredaktor. Was ist Ihr bisher grösster Erfolg im neuen Job?

Es ist gelungen, die regionale Berichterstattung weiterzuentwickeln: Eigene regionale Themen haben zugenommen, zudem geben wir neu regelmässig Dossiers zu Schwerpunktthemen heraus. Wir konnten überdies das Wahljahr ausserordentlich gut abdecken und sind nun gefordert, das Onlineprojekt voranzutreiben. Deutlich ausgebaut haben wir zudem die Diskussionsveranstaltungen unter dem Titel «Politik im Saal».

Und wo muss die Zeitung inhaltlich noch besser werden?

Wir können und müssen noch mehr Energie in spannende Inhalte investieren – mit diesem journalistischen Ansatz bin ich als Chefredaktor angetreten. Nur das bietet Gewähr dafür, dass wir auch in Zukunft für unsere Leserschaft unverzichtbar bleiben.

Nach Monaten der Baustelle ist der Umbau der Räumlichkeiten fast abgeschlossen. Auffälligste Änderung ist, dass Radio Munot neu im gleichen Haus wie die «Schaffhauser Nachrichten» und das Schaffhauser Fernsehen sein wird. Was ist die Überlegung dahinter?

Der Umbau ist einerseits eine Notwendigkeit, um die Infrastruktur unserer Liegenschaft auf dem aktuellen Stand zu halten, andererseits wurde der Mietvertrag von Radio Munot am alten Standort so angepasst, dass eine Kündigung jeweils innerhalb eines Monats hätte erfolgen können – bei der komplizierten Studioinfrastruktur ist ein solch kurzfristiger Umzug aber ein Ding der Unmöglichkeit, und deshalb sah sich das Radio nach einer neuen Liegenschaft um. So kamen zwei Ereignisse zusammen, der Einzug von Radio Munot in die erneuerte Liegenschaft war die logische Folge.

Werden durch die neue örtliche Nähe die Redaktionen vermehrt zusammenarbeiten?

Auf unserer neuen multimedialen Plattform «shn.ch» werden tatsächlich verschiedene Kanäle zusammengeführt. Es liegt auf der Hand, dass sich die Redaktionen in gewissen Bereichen koordinieren.

Konkret: Welche Bereiche?

Stellt etwa der Regierungsrat sein Legislaturprogramm vor, muss man sich fragen, ob es Sinn macht, wenn je ein Mitarbeiter von Radio, Print, Fernsehen und Onlineproduk­tionspool an der Pressekonferenz den Regierungspräsidenten interviewt.

Heute handhaben wir das genau so. Wann wird sich das ändern?

Auf absehbare Zeit bleibt der Status quo. Dennoch ergibt eine engere Zusammenarbeit durchaus Sinn. Unsere Onlineplattform ist eine Symbiose von Newsroom und eigenständigen Redaktionen: Wir sind derzeit daran, die Arbeitsabläufe zu optimieren. Man kann feststellen, dass «shn.ch» zwei Monate nach dem Start technisch funktioniert, inhaltlich aber müssen wir noch an den Punkt kommen, an dem das Portal von den Schaffhauserinnen und Schaffhausern als unverzichtbar wahrgenommen wird. Das ist das Ziel.

Und wie sieht der Zeitplan dafür aus?

Das erwähnte Ziel wollen wir Schritt für Schritt erreichen, wir sehen das aber als mittelfristiges Projekt.

Will man mit der räumlichen Nähe auch die Wahrnehmung eines einheitlichen Schaffhauser Medienhauses gegen aussen stärken?

Das steht nicht im Vordergrund, gehört aber auch dazu. Für die tägliche Arbeit wichtiger ist aber, dass so die Wege kürzer werden.

Das könnte als erster Schritt zu einer Konvergenz interpretiert werden ...

Im Moment ist es kein Thema, die drei Redaktionen zusammenzulegen. Das würde auf die Schnelle auch nicht funktionieren.

Bei anderen Medienhäusern geht das.

Ich glaube nicht, dass man diese Systeme per Knopfdruck implementieren kann, denn die verschiedenen Mediengattungen haben jeweils eigene Gesetzmässigkeiten und eigene Stärken: Eine Radioredaktion informiert kurz und schnell, eine Fernsehredaktion ebenfalls, braucht aber mehr Zeit für die Produktion. Die Printredaktion hat ein anderes Tempo, beleuchtet dafür die tieferen Zusammenhänge ausführlicher. Die jeweiligen Kanäle bedienen unterschiedliche Bedürfnisse des Publikums und erfordern bestimmte Kompetenzen, diese müssen wir auch künftig in den einzelnen Redaktionen sicherstellen. Darüber hinaus müssen wir Modelle und Strukturen schaffen, welche eine Form der Zusammenarbeit bieten – unser Onlineproduktionspool ist unser Ansatz dafür.

Die vier Mitarbeitenden des neu geschaffenen Onlineproduktionspools bereiten nebst eigenen Artikeln zu einem grossen Teil die Inhalte der Printartikel für die Website auf. Wird es Verschiebungen der Redaktoren von Print zu Online geben?

Derzeit ist das kein Thema. Ich bin überzeugt, dass die Leute noch immer ein sehr grosses Interesse an Printprodukten haben und dass diese auch in Zukunft gefragt bleiben. Es gehört leider schon länger dazu, den Print regelmässig totzusagen. Trotz einer Entwicklung hin zum Online­kanal bin ich überzeugt, dass es noch sehr lange gedruckte Zeitungen geben wird. Damit erwirtschaften übrigens auch die meisten Medienhäuser noch immer einen Grossteil ihrer Einnahmen.

Doch gerade die Jungen lesen zunehmend online. Was tun die SN, um junge Leser zu gewinnen?

Wir müssen der jüngeren Generation die Bandbreite unserer Berichterstattung aufzeigen, das geschieht über das Onlineportal.

Nur: Als Nicht-SN-Abonnent ist alles hinter einer Paywall. Wird so nicht die Chance vergeben, neue Leser zu gewinnen?

Nicht ganz alles ist hinter der Paywall: Ein Teil der News und weitere Beiträge – etwa ein Drohnen-Video über die neue KSS-Eisanlage – sollen die Jüngeren ansprechen und ihnen den Zugang zu unseren Angeboten ­ermöglichen.

Aufgrund eines KSS-Videos soll jemand die SN abonnieren wollen? Das ist – nun ja – optimistisch.

Das Onlineportal ist ein erster Kontakt zu den Jungen, welche die SN noch nicht lesen. Und für ältere Abonnenten bietet die Website einen Mehrwert mit Rund-um-die-Uhr-Informationen. An diese Strategie glaube ich, und daran glaubt die Unternehmensleitung. Natürlich kämpfen wir im Internet mit den grossen Fischen um die Aufmerksamkeit der Nutzer, aber eines sollte dabei nicht ausser Acht gelassen werden: Social-Media-Kanäle sind zum Teil voll von Kommentaren unter der Gürtellinie und Unwahrheiten. Die Leute aber wollen einen vertrauenswürdigen Absender, der nach journalistischen Kriterien arbeitet, wenn sie sich vertieft über ein Thema informieren. Hierfür sind professionelle und kompetente Redaktionen noch immer unverzichtbar, auch wenn das in der Onlinewelt bei manchen etwas vergessen geht.

Mit der inzwischen eingestellten «SN am Sonntag» waren die SN die schweizweit Ersten mit einer Sonntagszeitung, die nur auf dem iPad ­erschien. Inzwischen hinken die SN ­online den anderen Medienhäusern hinterher. Ist das ein bewusster oder ein finanzieller Entscheid?

Beides. Zum einen sind wir mit dem neuen Portal auf der Höhe der Zeit, zum anderen haben zahlreiche Medienhäuser in der Vergangenheit grosse Summen in Onlineredaktionen investiert und dort viel Geld in den Sand gesetzt. Wir als kleineres Medienhaus wollten das bewusst anders machen: Wir gehen Online vorsichtig an, denn wir müssen mit unseren Mitteln haushälterisch umgehen.

Gab es Überlegungen, eine mittelharte Paywall wie bei einer «NZZ.ch» zu machen? Dort kann der Leser bekanntlich eine gewisse Anzahl Artikel pro Monat gratis lesen.

Diese Diskussionen haben wir breit geführt und uns für eine Bezahlschranke entschieden, bei der das Vollangebot kostenpflichtig ist, gewisse Artikel aber wie erwähnt kostenlos zugänglich sind. Das ist nicht in Stein gemeisselt, aber von der Paywall sind wir überzeugt: Ein Autohändler kann seine Fahrzeuge auch nicht verschenken, ohne dass ihm dies wirtschaftlich das Genick bricht. Das gilt analog für unsere Inhalte.

Wie wichtig ist es Ihnen als Chefredaktor, dass die Marke SN auf Kanälen wie Twitter oder Facebook wahrgenommen wird?

Das ist wichtig, weil es unsere Bekanntheit steigert und dazu beiträgt, unsere Inhalte zu verbreiten.

Ein Artikel von «shn.ch» kann zehnmal auf Social Media geteilt werden. Ist das nicht zu wenig?

Derzeit ist dieser Wert richtig.

Beim neuen Onlineportal teilen sich vier Leute 360 Stellenprozente. Bis wann soll sich diese Investition finanziell lohnen?

Es gibt intern einen klaren Zeithorizont, diesen kommunizieren wir aber nicht nach aussen. Nur so viel: Mittelfristig wollen wir kein Geld verlieren.

Und wie sieht es mit den Kosten für den Umbau aus?

Die Meier + Cie AG investiert deutlich über eine Million Franken in das Gebäude, fast alle Arbeiten wurden an regionale Anbieter vergeben. Weil wir ein finanziell gesundes Unternehmen sind, können wir diese Mittel erwirtschaften.

Die Medienbranche ächzt, Sie scheinen zuversichtlich. Wie kommt’s?

So ist es. Zuversichtlich macht mich, dass sich die Leute nach wie vor stark dafür interessieren, was vor ihrer Haustür geschieht. Die SN bieten einen Schaffhauser Blick auf die Welt und berichten zugleich umfassend über die Region. Das ist unser Vorteil, unsere Stärke.

Kommentare (0)

Neuen Kommentar schreiben

Diese Funktion steht nur Abonnenten und registrierten Benutzern zur Verfügung.

Registrieren