Vieles noch im Dunkeln

Zeno Geisseler Zeno Geisseler | 
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Die Causa Bachschulhaus hat diese Woche ihren vorläufigen politischen Höhepunkt erreicht.

Die Causa Bachschulhaus hat diese Woche ihren vorläufigen politischen Höhepunkt erreicht. Der Grosse Stadtrat hat am Dienstag Edgar Zehnders (SVP) Interpellation diskutiert, welche die Affäre um einen gewalttätigen mazedonischen Schüler im Februar öffentlich gemacht hatte. In der kontrovers geführten Debatte waren erstaunliche Voten zu hören. «Der Fall hatte nie eine religiöse Komponente», sagte etwa Ernst Sulzberger (GLP), der als Stadtschulrat das Bachschulhaus betreut und auch den Problemschüler (17) bestens kennt. Zehnder mussten diese Worte wie Hohn vorkommen. Er präsentierte in der gleichen Debatte einen anonymen Drohbrief mit den Worten «Allah ist gross, Allah weiss, wo du wohnst». Auch sonst gibt es die eine oder andere «religiöse Komponente». Zur Erinnerung: Dem Schülerschreck wurde ein Raum zum Beten zur Verfügung gestellt, er soll IS-Propaganda konsumiert haben, und er zeigt Radikalisierungstendenzen. Seine Lehrer, sagte er diese Woche dem «Blick», seien «allesamt Rassisten».

Die SP, sonst sehr für Transparenz, will, dass nichts öffentlich wird

Geradezu paradox ist die Haltung der SP, der Partei von Stadtschulratspräsidentin Katrin Huber: Die politische und mediale Debatte habe verhindert, dass der Schulalltag beruhigt werden könne, schrieb die Partei in einer Mitteilung. Eltern, Lehrer und Kinder seien total verunsichert. Solche Fälle würden nicht an die Öffentlichkeit gehören, findet die Partei. Trotzdem hat die SP bereits zum zweiten Mal eine Medienmitteilung zu ebendiesem Fall veröffentlicht, der angeblich nicht an die Öffentlichkeit gehört. Im Übrigen, so die SP seinerzeit in ihrer ersten Medienmitteilung zu dem Fall, «leben wir in einer multikulturellen Gesellschaft. Reibungspunkte zwischen den Kulturen gehören zum Alltag.» Ob die Schulkinder und ihre Lehrpersonen dies auch dachten, als der besagte Schüler letzte Woche trotz Arealverbot wieder vor dem Bachschulhaus auftauchte und herumschrie? Als die Lehrer ihre Klassen in den Zimmern einschlossen und sich Polizisten mit Helm und Schutzweste vor dem Schulhaus postierten? War das jetzt so ein «Reibungspunkt»? Ist das jetzt Alltag?

Gibt es weitere Fälle? Zuerst heisst es Nein, dann wieder Ja

Doch, dieser Fall gehört an die Öffentlichkeit. Und zwar nicht, um billige Stimmungsmache gegen andere Kulturen zu machen, und auch nicht, um einen Teenager anzuprangern, sondern weil die Geschichte grundsätzliche Dimensionen hat: Der Stadtschulrat, eine vom Volk gewählte Behörde, muss es sich gefallen lassen, wenn Volksvertreter und Medien wissen wollen, was genau passiert ist, und der Schulrat muss es auch aushalten, für seine Arbeit kritisiert zu werden.

Grossstadtrat Zehnder sagte in der Ratsdebatte am Dienstag, es gebe noch weitere Fälle von Gewalt. Unter anderem sei ein Schüler auf dem Weg ins Alpenblick-Schulhaus von jemandem mit einem Messer bedroht worden. Der Stadtschulrat liess hingegen verlauten, es seien ausser dem Bachschulhaus ­aktuell keine weiteren Fälle bekannt, wo Lehrkräfte oder Schüler bedroht worden seien. Hatte Zehnder die Geschichte also erfunden? Nein. Ein paar Tage später bestätigte Schulpräsidentin Huber in den SN, dass sie von der Bedrohung auf dem Schulweg beim Alpenblick gehört habe. Und nicht nur das: Der Schulrat sei dran, Gespräche hätten stattgefunden.

Vieles scheint unter dem Deckel gehalten zu werden

Die Episode zeigt: Informationen werden nur mit Verzögerung und Widerwillen ans Tageslicht gebracht. Bestätigt wird im Wesentlichen das, was sich im öffentlichen Raum abspielte, somit von weiten Teilen der Bevölkerung zur Kenntnis genommen wurde und deshalb nicht abzustreiten ist. So wie der Polizeieinsatz am Bachschulhaus letzte Woche. Vieles scheint aber unter dem Deckel gehalten zu werden. Deswegen, und nicht wegen irgendwelcher politischer Anfragen oder Medienberichten, sind Schüler, Lehrer und Eltern besorgt. Und deswegen hört man Stimmen aus der Schule, welche sagen, sie fühlten sich vom Schulrat im Stich gelassen. Wobei, auch das sei gesagt, von einer allgemeinen Gefährdung an den Schulen dann doch wieder nicht gesprochen werden kann.

Mit dem Ende des Schuljahres in zwei Wochen hat sich der «Fall Bachschulhaus» wohl vorerst erledigt. Bei der Causa Stadtschulrat aber bleibt noch einiges zu klären.

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